Eine unerwartete Begegnung - Ramsay & Zerina

Zarahs Pferd kam wie ich es vermutet hatte, zwar nach einer ansehnlichen Strecke für seinen Zustand, an die Grenze seiner Kräfte und sie ließ es in den Trab wechseln. Ich selbst passte meine Geschwindigkeit der von ihr an und bemerkte, dass sie mich mit durch den Wind geröteten Wangen anschaute. Ich sah vermutlich nicht anders aus. Sie sah wirklich süß aus...Ich wandte meinen Blick kurz ab um meine Gedanken fassen zu können. Mein hoher Vater wäre nicht erfreut darüber, wenn ich zu spät mit der Nachricht in Hüglingen ankam. Ich schaute mich kurz um. Ich erkannte die Gegend wieder und wandte mich ihr wieder zu. "Wir sind bald da. Seht Ihr dort hinten die Kurve, die hinter den Hügel führt? Hinter dem Hügel liegt das Gasthaus."

Als sie seinen Blick auf sich ruhen spürte, lachte sie kurz leicht verlegen auf. "Verzeiht, ich habe manchmal seltsame Anwandlungen." Aber ohne ein wenig Spass, wäre alles trist und Zerina war froh darüber, dass Ramsay den Spass mitgemacht hatte. Zumindest fühlte sie sich weniger befangen als zuvor. Als er sich umsah, packte sie allerdings das schlechte Gewissen. "Ich hoffe, wir sind nicht vom Weg abgekommen...?" Immerhin kannte sie sich hier nicht aus. Doch dann erklärte Ramsay dass sie bald da seien und Zerina nickte zufrieden. "Ausgezeichnet, dann gibt es ja bald etwas zu essen." Die Aussicht auf einen dampfenden Teller, liess ihren Magen gleich noch einmal knurren.

Ich musste lächeln als sie aufgrund meines Blickes verlegen auflachte. Sie schien nach dem kleinen Rennen wieder etwas fröhlicher zu sein. "Oh ja, etwas warmes zu essen und einen guten Wein zu trinken wird wahrlich gut tuen." sagte ich. Die letzten Meter verbrachten wir schweigend. Wir bogen um die Kurve und ich konnte kaum mehr hundert Schritte entfernt das Gasthaus sehen und zwar zu keinem günstigeren Zeitpunkt. In dem Moment in dem wir um den Hügel ritten kam ein Sturm auf und Regen begann vom Himmel zu prasseln. "Ahh verdammt. Zarah, wir sollten uns sputen ins Haus zu kommen. Das sieht mir nach einem starken Sturm aus." rief ich ihr gegen den Wind zu.

Sie erwiderte sein Lächeln, immer noch etwas verlegen, musste dann jedoch abwehren. "Ich bin vollkommen ausgehungert, aber ich denke, ich bleibe lieber bei Wasser. Wein vertrage ich nicht gut." liess sie ihn wissen. Zerina trank so gut wie nie.
Schweigend ritten sie langsam nebeneinander her, doch kaum kam das Gasthaus in Sichtweite, brach ein Unwetter vom Himmel, so rasch dass wohl niemand damit gerechnet hätte. Augenblicklich war Zerinas Kleid durchnässt und klebte ihr schwer am Leib. "Ja, Mylord." rief auch sie gegen den Wind an und stieg vom Schecken, welcher daraufhin nervös zu tänzeln begann. Hektisch sah sich die junge Frau nach einem Unterstand für die Pferde um und entdeckte einen Anbau neben dem Gasthaus, auf welchen sie nun zusteuerte, nachdem sie sich zuvor vergewissert hatte, dass Ramsay ihr folgte. In dem Stall waren bereits einige Pferde untergebracht und Zerina stellte ihren Schecken an einen freien Platz, ehe sie ihn mit Heu und Wasser versorgte. Ihr dunkles Haar hing ihr in nassen Strähnen ins Gesicht, doch schliesslich richtete sie sich wieder auf, um zu ihrem Begleiter zu schauen. "Das wäre geschafft."

Ich folgte Zarah, als sie zum Unterstand für die Pferde eilte und stellt meinen Rappen in die Nähe von ihrem Schecken ab und versorgte ihn ebenfalls mit Wasser und Heu. Er musste für den morgigen Ritt bei Kräften bleiben. Als ich fertig war blickte ich sie an. Durch den Regen war ihr Kleid durchnässt und ermöglichte einen Einblick auf ihren wohlgeformten Körper. Ich glaubte mein Blick ruhte länger als vielleicht angebracht auf ihr. "Nun denn wollen wir ins hineingehen?" fragte ich und machte mich auf den Weg zum Hauptgebäude. Als sie ebenfalls ankam öffnete ich die Tür und sagte mit einem Lächeln auf den Lippen: "Ladies first."

Zerina strich sich die feuchten Strähnen aus dem Gesicht, wobei sie Ramsays Blicke auf ihrem Körper spürte und kurz an sich herabsah. Nun, sie konnte von Glück reden, ihr Unterkleid zu tragen, ansonsten wäre das Ganze womöglich auch noch durchsichtig...Nicht auszudenken! Sie räusperte sich, leicht errötend und schob sich dann an Ramsay vorbei. "Ähm ja, gehen wir. Hoffentlich lässt man uns nun überhaupt ein." Immerhin waren die beide klitschnass.
"Habt Dank." Leicht lächelnd trat sie abermals an ihm vorbei ins Innere des Gasthauses, wo sich ihr sofort einige Augenpaare zuwandten, welche sie teils belustigt, teils mitfühlend, teils...gierig musterten. Zerina erschauerte unwohl und sah sich nach Ramsay um. Die Platzwahl wollte sie ihm überlassen.

"Da braucht Ihr euch keine Sorgen zu machen, man kennt mich hier." beruhigte ich sie lächelnd. Es war ja immerhin nicht das erste Mal, dass ich dieses Gasthaus besuchte. Ich ließ sie vor mir durch die Tür eintreten. Ich trat nach ihr ein und bemerkte, dass einige Blicke auf ihr lagen, Blicke die Zarah sich Hilfe suchend nach mir umblicken ließen. Ich schloss die Türe hinter mir um den Regen und die Kälte daußen zu lassen. Sobald ich die Tür schloss und die zu den Augenpaaren gehörigen Männer mich erblickten, senkten sie ihre Blicke von meiner Begleiterin und schauten teils auf ihr Essen, teils gingen sie wieder Unterhaltungen nach. Ich lächelte zufrieden. Ich bemerkte, dass der Kamin, der normalerweise durchgehend brannte aus war. Lediglich ein paar Lampen und Kerzen sorgten für ein bisschen Wärme. Ich ging an Zarah vorbei und gab ihr ein Zeichen mir zu folgen. Ich führte uns zu einem etwas abgelegeneren Tisch in einer Nische am Fenster, damit wir uns ungestört unterhalten konnten. Kaum hatten wir uns gesetzt kam ein Kellner auf unseren Tisch zu und sagte: "Mylord schön euch wiederzusehen. Seid Ihr gut angekommen? Euer Zimmer steht wie immer für euch bereit. Darf ich euch etwas Speis und Trank bringen." Erst dann bemerkte er meine Begleiterin. "Verzeiht MyLady ich habe euch gar nicht bemerkt. Euch ebenfalls einen wunderschönen Tag." Ich ergriff das Wort an ihn. "Bring uns Wein und Wasser und mir ein Hähnchen und ein paar eurer frischen Würste.". "Sehr wohl mein Herr." er wandte sich Richtung Zarah. "Was darf ich euch bringen MyLady?".

"Oh, dies wird wahrlich von Vorteil sein." bestätigte Zerina und bekam wohl zum ersten Male eine Ahnung davon vermittelt, wie angesehen Ramsay und wohl auch seine Familie, hier waren, denn nachdem die Gäste ihre Blicke von ihr zu ihm gelenkt hatten, senkte sich beinahe vollkommene Stille über den Schankraum. Lediglich ein leises Räuspern aus einer Ecke war vernehmbar. Zerina begegnete dem Blick eines älteren Mannes und hätte schwören können, reines Mitleid darin zu erkennen, dann senkte der Mann seinen Blick rasch wieder. Sie folgte Ramsay zu dem freien Tisch, an welchem sie sich ihm gegenüber niederliess. Beinahe sofort gesellte sich der Ober zu ihnen. "Guten Abend, Mylord." erwiderte sie den Gruss höflich, wobei sie es unterdrückte, vor Kälte zu zittern. "Ich hätte gern ebenfalls Hühnchen. Habt Dank." Der Mann entfernte sich diskret und Zerina erschauerte unwohl. "Erzählt mir etwas von Euch, wenn es Euch beliebt. Von Eurer hohen Frau Mutter vielleicht...?" Sie bedachte ihn mit einem auffordernden Lächeln. Bisher hatte er ja nur über seinen Vater erzählt...

Nachdem Zarah ebenfalls ein Hähnchen bestellt hatte entfernte sich der Ober von unserem Tisch um die Bestellungen weiterzugeben. Mir fiel wieder auf, dass sie sich anders als die meisten Leute verhielt. Ich kannte eigentlich niemanden, der einen Ober mit MyLord ansprach. Woher stammte sie? Sie saß mir gegenüber und lächelte mir zu als sie mich nach meiner Mutter fragte. Aufgrund der Stille die seid meinem Betreten des Lokals herrschte hatten sicherlich einige ihre Frage mitbekommen. Ich sah mich aus den Augenwinkeln im Raum um und bemerkte ein, zwei Leute die leicht entsetzt auf meine Begleiterin blickten. Sie wussten alle, dass man mich nicht nach meiner Abstammung befragen sollte. Ich lächelte ihr zurück. "Nun zu meiner Mutter gibt es nicht viel zu erzählen." versuchte ich ihrer Frage auszuweichen. "Wollt Ihr mir nicht noch etwas über euch erzählen? Ich habe euch schon einiges von mir erzählt, es wäre nur fair wenn ich ebenfalls etwas von euch erfahren würde." versuchte ich sie zu überzeugen.

Da sich Zerina zuvor noch niemals in einem Gasthaus befunden hatte, ging sie dementsprechend befangen mit der Situation um, auch wenn sie versuchte, sich ihre innere Unsicherheit nicht anmerken zu lassen.
Nachdem sie Ramsay nach seiner Familie gefragt hatte, erstarben die Gespräche um sie herum, welche soeben wieder einsetzen wollten, erneut beinahe vollends. Wieder spürte sie Blicke auf sich und wieder sah man hastig fort, als sie diese erwiderte. Wie eigenartig...
"Ach so." Ein wenig enttäuschte sie seine knappe Antwort ja doch und im Gegenzug wollte er etwas über Zerina erfahren, die daraufhin tief durchatmete, ehe sie erzählte. "Meine Mutter starb bei meiner Geburt, ich habe sie also nie kennen gelernt. Mein Vater war gut zu mir, ich blieb sein einziges Kind." Bis dahin stimmte es, und da sie nicht wieder lügen wollte, entschloss sie sich zu einem Themawechsel, welcher ihr gelegen kam. Sie beugte sich leicht über den Tisch, um mit gesenkter Stimme zu sprechen. "Weshalb schauen alle so?" Wie sollte man denn nur in Ruhe speisen, wenn man angesehen wurde, wie...Ja, wie wer oder was eigentlich?

Ich hörte mir Zarahs Worte geduldig an. "Und dann ist auch euer Vater gestorben? Ihr hattet dergleichen auf dem Weg hierhin erwähnt." hakte ich nach. Mir war klar, dass die Blicke und die Stille der anderen Besucher des Gasthauses, seid meinem Eintreten in dieses Zarah verwundern würden. Deshalb war ich auch nicht überrascht als sie sich zu mir beugte und mich mit gesenkter Stimme fragte weshalb die Anderen so zu uns schauen würden. "Wie ich euch schon sagte, bin ich in dieser Gegend bekannt und diese Leute sind eine solch hohe Gesellschaft nicht gewohnt. Deshalb sind sie so Neugierig kümmern sie sich um Angelegenheiten, die sie nichts angehen." erklärte ich ihr mit einem Lächeln. Das Gesagte entsprach ungefähr der Wahrheit und der letzte Teil war etwas lauter gesprochen damit auch der letzte Penner in dem Gasthaus meine Worte vernahm. "Sagt Zarah, friert ihr?" fragte ich sie, da sie anscheinend versuchte die Kälte zu unterdrücken.

Sie nickte betrübt. "Ja, und dann ist auch mein Vater gestorben. Unser Dorf wurde geplündert, es wurde gebrandschatzt, Überlebende wurden verschleppt. Und dies im Süden, das muss man sich einmal vorstellen. Nun, ich hatte Glück, konnte mich verstecken und bin einige Tagter später aufgebrochen. Und nun bin ich hier." Ein flüchtiges Lächeln umspielte ihre Lippen, bis sie wieder ernster wurde, während sie sich vertrauensvoll über den Tisch lehnte. "Ich fürchte, sie starren, weil sie es nicht kennen, Euch in solch niederer Gesellschaft wie der meinen zu erblicken." Als seine Stimme lauter wurde, zuckte Zerina kurz zusammen, um sich dann wieder aufrecht hinzusetzen, wo sie mitbekam, wie sich jeder im Raum wieder hastig seinen eigenen Angelegenheiten widmete. "Nun, es ist ein wenig frisch, ja, aber es geht schon." versicherte sie, tapfer lächelnd, obwohl sie am ganzen Leib zitterte. Das schwere dicke Kleid war unangenehm nasskalt.

Ich lauschte ihrer traurigen Geschichte bis zum Ende. Sie war wahrlich tragisch, wenn sie den stimmte. Ich war mir immer noch nicht sicher wie viel von ihrem Gesagten der Wahrheit entsprach. Ich setzte eine mitleidige Miene auf und sagte "Euer Verlust tut mir Leid. Das muss eine schwere Zeit für Euch gewesen sein." Ich konnte mir ein Lächeln bei ihren Worten nicht verkneifen. Sie dachte wirklich, dass der Pöbel aufgrund von ihr zu uns starrte. Wirklich ein süßer Gedanke, aber damit verschärfte sie meinen Verdacht, dass sie mich und mein Haus nicht kannte. "Zarah macht euch darum keine Sorgen. Ihr seid bei weitem eine anmutigere Begleitung als der Großteils des Haufens von Menschen in dieser Absteige." versicherte ich ihr.
Ich konnte erkennen, dass sie zitterte, bevor ich noch etwas erwiedern konnte kam der Ober mit 2 Krügen in den Händen zu uns. "MyLord, MyLady ich bringe Euch schonmal Eure Getränke. Das Essen folgt in Kürze." Er stellte die Krüge ab. Aufgrund der Nässe in meiner und Zarahs Kleidung fragte ich ihn: "Ist euer Kamin kaputt? Normalerweise brennt doch immer ein Feuer." Er erschrack, dass ich ihn erneut ansprach und erklärte hastig "Nun ja MyLord, uns ist zu unserem Bedauern das Feuerholz ausgegangen und aufgrund der Räuber in der Nähe ist es nicht ganz ungefährlich Holz sammeln zu gehen.". Erbärmlich, aber nun gut daran konnte ich nicht viel ändern. Ich blickte Zarah an und sagte "Es tut mir Leid, Ihr werdet es wohl vorerst aushalten müssen." Ich bemerkte, dass der Ober noch neben uns stand. "Gibt es noch etwas?" Er bekam seine folgende Worte kaum über die Lippen. "V-vverzeiht die Frage MyLord, aber wird Eure Begleitung bei euch nächtigen? Ich b-b-befürchte nämlich, dass wir außer Eurem keine freien Zimmer mehr haben." Ich gab ihm ein Zeichen sich zu entfernen und schaute meine Begleiterin mit einem Lächeln im Gesicht an. "Was sagt Ihr wollen wir uns ein Zimmer teilen?"

Als sie das Mitleid auf seiner Miene erkannte, senkte sie erneut den Blick, um mit leiser Stimme zu sprechen. "Danke, Mylord. Wir wissen nicht, was die Götter für uns bereit halten, oder wann sie entscheiden, dass unser Leben zu enden hat." Nur, dass Zerina an keine Götter glaubte, denn sollten diese existieren, wären sie viel zu grausam als dass sie etwas mit ihnen zu schaffen haben wollte.
Sie war was? Anmutig? "Ihr schmeichelt mir." meinte sie ebenso leise und ohne den Blick zu heben. Dies tat sie erst, als der Ober wieder an ihren Tisch trat, welchem sie ein kleines dankbares Lächeln schenkte. Während Ramsay mit dem Mann sprach, blieb Zerina stumm und machte sich erneut darüber Gedanken, wie sie das alles zahlen sollte...
Ramsays Frage riss sie aus diesen und als sie zu ihm sah, errötete sie heftig. "Das wäre wohl eine Ungeheuerlichkeit, Mylord, aber wenn es nicht anders machbar ist...Ich werde auf dem Boden nächtigen." Nie zuvor hatte sie mit einem Mann im selben Zimmer übernachtet und die Vorstellung daran war...aufregend und beschämend gleichermassen.

Zarah wandte mir wieder ihren Blick zu und ich sah, wie sie aufgrund meiner Frage errötete. Ein süßes Ding war sie. Da sie zugestimmt hatte im selben Zimmer wie ich die Nacht zu verbringen würde ich wohl doch mit ihr schlafen. Mein Vater würde wohl kaum etwas dagegen haben, wenn ich mich auf meiner Reise etwas vergnügte. Solange es nicht allzu auffällig war. Es sollten ja nicht die falschen Leute wissen wohin ich unterwegs war. "Das können wir später noch alles entscheiden." wenn der Abend so verlief wie ich ihn geplant hatte, war die Sache mit dem schlafen eh bald geklärt. "Ich hoffe dass unser Essen bald kommt. Ich sterbe fast vor Hunger. Was ist mit Euch?" fragte ich sie freundlich. Noch war nichts vom Ober zu sehen, aber es lag schon der Geruch von gebratenem Hähnchen in der Luft.

"Nein nein." wehrte sie augenblicklich ab. "Es macht mir wirklich nichts aus, auf dem Boden zu schlafen. Ich bin es ja gewohnt." Leicht schmunzelte sie. Ja, seit ein paar Tagen war sie es tatsächlich gewohnt, auf der Erde zu schlafen, wobei diese meist in der Tat erdig war. Zumindest wenn es sich um Waldboden oder ähnlichem, handelte. Doch Zerina war nicht zimperlich, denn sie wusste dass dies zu ihrer neu gewonnenen Freiheit dazugehörte. Auch wenn sich ihr Rücken ab und an schon nach einem richtigen Bett sehnte...
"Ich könnte ein ganzes Pferd verspeisen." grinste sie. Der Satz war wohl nicht besonders damenhaft, hm? Aber sie hoffte dass Ramsay ihm dies nicht übel nehmen würde. Ebenso wenig, wie das neuerliche Magenknurren. Es roch aber auch zu gut in diesem Gasthaus. Ihr Blick fiel auf die Krüge auf dem Tisch, doch sie wollte nicht so dreist sein, einfach danach zu greifen.

Ich musste erneut aufgrund ihrer Aussage und dem nachfolgendem Magenknurren lachen. "Nun das hört man doch gerne, ich hoffe nur, dass der Ober nicht mehr allzu lange auf sich warten ließ." Ich bemerkte ihren Blick auf den Krügen mit den Getränken ruhen. Sie schien warten zu wollen bis ich mir zuerst etwas nahm. Nun gut. Ich nahm mir den Weinkrug und goss mir einen Kelch voll. "Sicher das Ihr keinen Wein möchtet? Er schmeckt wirklich wunderbar." sagte ich und bot ihr den Weinkrug an. Der Wein würde mir die Sache etwas erleichtern.

Sie überlegte, ob sie ihm einfach sagen sollte dass sie kein Geld hatte, aber dann kam sie doch zu dem Schluss, dass es klüger wäre, dies mit vollem Magen zu tun. Sonst würde er sie womöglich fortschicken und sie wäre immer noch hungrig...
"Ich bin sicher, er tut sein bestes, um Euch zurieden zu stellen." antwortete sie höflich lächelnd, und sah dann zu, wie Ramsay sich von dem Wein nahm. Zerina zögerte. Wäre es klug, zu trinken? Wahrscheinlich nicht. Trinken war niemals klug, aber vielleicht liess sich die bevorstehende Schmach leichter ertragen wenn man ein wenig...beschwipst war. Sie musste sich ja nicht gleich betrinken. "Nun gut, dann probiere ich etwas, aber ich warne Euch: Ich trinke nie." Und sie wusste daher nicht, was es für Auswirkungen auf sie haben würde...Dankend nahm sie also den Krug entgegen und goss sich etwas in den Kelch, welcher vor ihr stand. Anschliessend wurde der Krug zurück auf den Tisch gestellt und Zerina hob vorsichtig ihren Kelch, um an dessen Inhalt zu riechen. Er roch leicht säuerlich. Und fruchtig.

Zu meiner Zufriedenheit nahm sich Zarah den Kelch mit dem Wein und goss sich etwas in ihren Becher. "Ich finde, dass ab und an ein Kelch voll Wein nicht schaden kann.". Sie roch vorsichtig am Wein. "Nur zu probiert ihn." sagte ich freundlich und nippte selbst etwas an meinem Kelch. Der Wein schmeckte hervorragend wie immer. Einer der Gründe warum ich gerne dieses Gasthaus besuchte, es hatte immer herausragenden Wein gelagert. Der Geruch nach Essen verstärkte sich und ich hörte den Ober herannahen. "MyLord, MyLady hier ist Euer Mahl." verkündete der Ober und stellte jeweils vor mir und Zarah ein Hähnchen und in die Mitte des Tisches einen Teller mit Würstchen ab. Zudem legte er für jeden von uns je eine Gabel und ein Messer auf den Tisch. "Darf ich Euch noch etwas bringen?" fragte er vorsichtig. Seinen Blick auf mich gerichtet. "Nein, das wäre erstmal alles. Ich lasse dich wissen wenn wir noch etwas benötigen." Der Ober verbeugte sich und ging mit den Worten "Ich wünsche euch eine angenehme Mahlzeit.". Ich wandte mich Zarah zu. "Nun lasst es Euch schmecken und bedient Euch auch gerne an den Würsten." Ich selbst nahm mir mein Besteck und machte mich an mein Hähnchen.

"Mein Vater trank ab und zu Wein, aber mir wurde er untersagt." Es hatte immer geheissen, dass eine Frau erst eine richtige Frau ist, wenn sie einen Mann an ihrer Seite hat. Und eher gab es keinen Wein. Auf Ramsays Aufforderung hin, huschte ein leichtes Lächeln über Zerinas Züge, dann nippte sie an dem Kelch. Es schmeckte ungewohnt, ein wenig sauer, aber keineswegs schlecht, sodass sie gleich noch einen etwas grösseren Schluck als den ersten, trank. "Er ist wirklich vorzüglich." lobte sie anschliessend ihre neue Erfahrung und stellte den Kelch ab, als der Ober nahte und ein ganzes Hühnchen vor sie hinstellte. Wie wollte sie denn das alles schaffen?! "Habt Dank, Mylord, das ist wirklich sehr nett von Euch." Allein die Tatsache, dass er sich mit einer, scheinbar, niedriger gestellten Person an einen Tisch setzte, zeigte doch, dass er ein wahrlich edler Mensch war. Vielleicht würde der Schlamassel, dass sie kein Geld besass, ja doch nicht ganz so arg enden...
Zerina griff nach ihrem Besteck und rückte ihrem Hühnchen zuleibe.

Es war sehr gut, dass ihr der Wein schmeckte. Das spielte mir direkt in die Karten. Ich kriegte sie sicherlich dazu noch mehr zu trinken. Lächelnd beobachtete ich sie und ihre erste Erfahrung mit Wein. "Trinkt so viel wie es Euch beliebt. Gleiches gilt auch für das Essen. Bitte seid mein Gast." lud ich sie ein. Ich hatte mehr als genug Geld für uns beide dabei. Mir machte es nichts aus mit viel Geld zu Reisen. Die meisten Leute denen ich begegnete erkannten mich und machten einen Bogen um mich. Zarah bildete da eine der wenigen Ausnahmen. Ich aß mein genüßlich mein Hähnchen. Einen köstlichen Vogel hatte ich da vor mir. Nach einigen Bissen nahm ich mit meiner Gabel eine Wurst vom Teller in der Mitte, schnitt sie mir in mundgerechte Stücke und machte mich daran diese zu vespeisen.

Zerina erwiderte Ramsays Lächeln über den Rand ihres Kelches hinweg. Sie freute sich, ihn getroffen zu haben. Er war freundlich, zuvorkommend, scheinbar vorurteilsfrei und jetzt, während sie ihn so betrachtete, fiel ihr auf, dass er unglaublich faszinierende Augen besass. Ein derart helles blau-grau hatte sie nie zuvor gesehen. Als sie bemerkte, dass sie starrte, räusperte sie sich und senkte den Blick hastig wieder auf ihren Teller.
Die Einladung erfolgte unerwartet, war aber gänzlich nach Zerinas Geschmack, auch wenn sie nun doch ein wenig verlegen wurde. "Ist dies euer Ernst? Aber ich...ich danke Euch, aber ich fürchte, ich kann es Euch niemals vergelten, Mylord."
Sie widmete sich schliesslich ebenfalls ihrer Mahlzeit, auch wenn sie trotz ihres Hungers deutlich langsamer aß als Ramsay. Tischmanieren waren sehr wichtig für eine Lady und für eine Prinzessin umso mehr. Und auch wenn sie sich nun tarnen musste, konnte sie ihre Manieren nicht so einfach ablegen. So oder so, es schmeckte köstlich und schon bald wich der Hunger. Auch schenkte sie sich noch einen Kelch voll Wein ein. Das Getränk wärmte ein wenig von innen. "Darf ich...?" Damit erhob sie sich mit dem Krug in der Hand, um Ramsay ebenfalls nachzuschenken.

Ich bemerkte Zarahs Verlegenheit als sie meine Einladung zum Essen annahm. Ich hatte da schon meine Ideen wie sie es mir vergelten könnte, sprach meine Gedanken jedoch nicht aus. "Nichts zu danken, mach ich doch gern." erklärte ich ihr lächelnd.
Ich beobachtete sie beim essen. Die Art wie sie aß, vornehm und genüßlich. Das passte eher zu einer Lady am Hofe. Ich musste sie danach fragen. "Zarah, erlaubt mir eine weitere Frage. Wart Ihr eine Adlige in eurem Dorf? Mir fiel eure vornehme Art zu speisen auf."
Nachdem sie sich zu meiner Zufriedenheit einen weiteren Kelch Wein eingegossen hatte, nickte ich ihr auf ihre Frage hin zu. "Gerne doch, wenn Ihr so nett wäret.".
Als Zarah meinen Kelch erneut gefüllt hatte bedankte ich mich bei ihr und nahm einen weiteren Schluck Wein zu mir, bevor ich die letzten Reste meines Hähnchens aufaß.

"Wie kommt es, dass Ihr so gütig seid? Ich meine, Ihr kennt mich doch überhaupt nicht, aber ich darf Euch nicht nur begleiten, sondern Ihr gebt mir auch noch zu essen...So etwas ist sicherlich nicht alltäglich." Oder doch? Konnte es sein, dass die Menschen in Westeros derart hilfsbereit waren...? Zerina wusste es nicht.
Als er sie auf ihre Essgewohnheit ansprach, erstarrte sie für einen Sekundenbruchteil. "Ich...nein, Mylord, ich bin nur eine einfache Frau. Allerdings meinte mein Vater immer, dass man sich deshalb nicht wie ein Bauer benehmen muss." Kurz schaffte sie es sogar, ein Schmunzeln zustande zu bringen, um sich dann ein wenig aufzurichten und auf ihr Kleid zu deuten. "Wäre ich adlig, würde ich zudem feinere Kleidung bevorzugen, denke ich."
Sie schenkte Wein nach, wobei sie spürte, dass dieser, zumindest bei ihr, Wirkung zeigte. Ihr schwindelte ein wenig und sie fühlte sich etwas unbeschwerter.
Nachdem sie etwa die Hälfte ihres Hähnchens verspeist hatte, war sie satt und lehnte sich dementsprechend zufrieden auf ihrem Stuhl zurück. "Ihr seid wahrlich ein Lebensretter." Diesmal fiel ihr Lächeln eine Spur wärmer aus.

"Da habt Ihr recht alltäglich ist das nicht. Vor allem nicht in der heutigen Zeit. Ich konnte Euch nicht einfach so alleine reisen lassen, nicht in dieser Gegend. Ihr wäret noch zu Schaden gekommen." erklärte ich ihr, obwohl einiges von meinem Gesagten nicht stimmte. Ich stellte mich ihr weitaus nobler dar als meine momentanen Absichten ihr gegenüber waren.
Mein Blick fiel auf ihr immer noch durchnässtest Kleid. Da musste ich ihr Recht geben. Eine Adlige hätte feinere Kleidung bevorzugt, außer sie wollte sich verstecken. "Nun dann war Euer Vater sicherlich ein vornehmer Mann wenn er bei Eurer Erziehung wert auf Tischmanieren legte." sagte ich.
Ich bemerkte, dass sie sich erneut Wein eingoss und füllte meinen Becher ebenfalls nach. Ich spürte eine leichte Wärme in mir als ich meine Lippen nach einem erneuten Schluck aus meinem Becher von diesem löste. Ich wurde zum Glück nicht allzu schnell betrunken, musste aber zugeben, dass ich den Wein seine Wirkung zu entfalten spürte. Zwar leicht, aber trotzdem präsent. Ich beendete ebenfalls mein Mahl und lächelte ihr zu. "Möchtet Ihr noch etwas haben? Einen neuen Krug Wein? Einen Nachtisch?"