The streets of King's Landing

Wieder einmal befand sie sich auf einem ihrer Streifzüge, wie sie es nannte, wenn sie sich durch die Strassen von Königsmund quälte. Verdreckte Strassen, saubere Strassen, enge Strassen, breite Strassen...Zerina kannte mittlerweile eine Menge von ihnen. Sie wusste, wo man sich verstecken konnte, sollte dies notwendig sein und sie war der Ansicht, inzwischen ein gutes Auge dafür zu haben, wo sich Diebstahl lohnte...
Die Zeiten waren schlecht, kaum jemand wollte ihre Nähwaren kaufen, so war die junge Frau gezwungen zu tun, was sie tun musste, um zu überleben.
Seit einer geraumen Weile verfolgte sie bereits, möglichst unauffällig, wie sie hoffte, diesen Mann. Er sah wie einer der typischen Besucher dieser Stadt aus, welche aus der Ferne kamen, um hier ein wenig Zeit zu verbringen. Sich zu amüsieren. Geschäften nachzugehen. Erfahrungsgemäss gab es bei diesen Menschen viel zu holen und der Mann vor ihr sah aus, als besässe er viel. Allein seine Gestik verriet, dass er kein einfacher Mann war. Leider konnte sie nicht erkennen, ob er Gold bei sich trug, was die Angelegenheit ein wenig erschwerte, aber vielleicht würde es auch anders, als mit Diebstahl, gehen...Hin und her überlegend, bemerkte sie nicht, dass er stehengeblieben war und so lief sie beinahe in ihn hinein, blieb dicht hinter ihm und mit angehaltenem Atem stehen. Sicherlich hatte er sie bemerkt...

Es war ein ungewöhnlich heißer Tag, und so beschloss Oberyn, einen Spaziergang zu machen. Er sagte niemandem etwas davon, denn sonst würden seine Wachen darauf bestehen, ihn zu begleiten. Der Dornische machte gerne Spaziergänge, vor allem, wenn er den betreffenden Ort noch nicht kannte. Zwar war er schon einmal in Königsmund gewesen, aber das war Jahre her, und ihm blieben nur verschwommene Erinnerungen. Die meisten Hochgeborenen spazierten lieber durch imposante Gärten als durch stinkende Straßen, aber Oberyn war da anders. Er wollte wissen, wie es um das gemeine Volk stand, ob König Joffrey sich um es scherte. Das war auch von politischer Natur. Bis auf einen kleinen, verzierten, sehr scharfen Dolch hatte er auf jegliche Waffen verzichtet. Niemand würde ihn als Prinz Oberyn Nymeros Martell erkennen, die Erfahrung hatte er bereits vor einigen Jahren gemacht. Und Diebe konnte er auch mit dem Dolch abwehren.

Gerade war er stehen geblieben, um die Waren eines Obsthändlers zu begutachten, als er plötzlich leicht von hinten angestoßen wurde. Langsam drehte er sich um, zog jedoch keine Waffe. Vor sich sah Oberyn eine junge Frau, nicht unattraktiv, die ihn leicht entsetzt anstarrte. Misstrauisch fragte er: "Wer seid ihr? Kann ich euch behilflich sein?"

Warum nur musste sie SO derart ungeschickt sein?! Bei allen vorhandenen und nicht vorhandenen Göttern! Der Mann wandte sich zu ihr um und sie erstarrte augenblicklich, wagte nicht, ihn anzusehen und tat es schliesslich doch. Allerdings erst, nachdem sie angesprochen wurde. Langsam hob sie also ihren Blick und sah in ein recht attraktives aber misstrauisches Gesicht. "Ich..." begann sie leise, und nervös am Stoff ihres relativ sauberen Kleides herumfummelnd. "Ich bin...niemand." Verlegen räusperte sie sich, wobei sie sich im Geiste zur Ruhe rief, was allerdings nicht ganz gelang. "Also, ich meine, ich bin zumindest niemand wichtiges." plapperte sie betont munter weiter und schenkte dem fremden ein kleines, süsses Lächeln, auch wenn sie am liebsten einfach davongelaufen wäre. Wenn da nur nicht dieser Hunger wäre..."Ähm, Ihr seid nicht von hier, nicht wahr?" So oder so, bestehlen würde sie ihn nun nicht mehr können, denn er hatte sie gesehen. Zerina bestahl keine Menschen, die ihr ins Gesicht gesehen hatten. Das brachte sie einfach nicht über sich. Aber vielleicht liess sich ja etwas anderes machen...Sie sammelte ihren gesamten Mut zusammen und straffte die Schultern. "Ihr müsst wissen, dass sich in dieser Gegend sehr viele Diebe tummeln..."Und sie war einer davon. Zerina errötete kurz, ehe sie weitersprach. "Ich könnte Euch ähm, herumführen...? Euch Dinge..zeigen." Klang das zweideutig? Irgendwie schon, auch wenn es gar nicht so gemeint war. Wieder spürte sie dass sie errötete. Dieser ungewohnt heisse Tag vereinfachte die Angelegenheit auch nicht gerade...Ein Schweisstropfen löste sich von ihrem Hals und verschwand gemächlich in ihrem Dekolletee. Sie beachtete ihn nicht, sondern konzentrierte sich wieder auf ihr Gegenüber. "Also, Sehenswürdigkeiten, meine ich." Vielleicht würde er ihr ja anschliessend zur Belohnung ein paar Münzen zustecken. Oder wenigstens eine! Das wäre bereits wunderbar! Ihr Blick war beinahe flehend.

"Sehenswürdigkeiten... soso." Oberyn sah, wie seine Gegenüber wieder und wieder errötete. Er ahnte den Grund dafür, hatte aber genug Takt, ihn nicht zu erwähnen. Der Dornische dachte nach. War es klug, einzuwilligen? Wahrscheinlich nicht, aber Oberyn ließ sich von seiner Neugierde übermannen. Er sagte: "Sehr gerne. Aber zunächst würde ich gerne euren Namen hören. Ich vertraue Menschen nicht, dessen Namen mir unbekannt ist, wisst ihr? Anschließenden verrate ich im Gegenzug auch meinen Namen." Für Oberyn machte es nicht den Anschein, als ob diese Frau Interesse daran hätte, ihn zu entführen. Und wenn doch, würde er sie Stahl schmecken lassen.

"Ja..." hauchte sie, erleichtert darüber dass er ihr dieses Angebot zumindest schon einmal nicht übel zu nehmen schien. Ausserdem musterte er sie nicht so anziehend, wie es viele andere Männer taten, was sie ihm ebenfalls anrechnete. Aber er war ja auch erstens kein Einheimischer und zweitens wohl nicht arm. Er hatte so etwas einfach nicht nötig. Wenigstens ging Zerina davon aus. Ein breites Lächeln bildete sich auf ihren ebenmässigen Zügen als er dann tatsächlich einwilligte, sich von ihr durch die Stadt führen zu lassen. "Wahrlich? Ohh, das...Ich freue mich, wirklich!" Das tat sie wirklich, denn es bedeutete, dass sie für eine kleine Weile ihrer Einsamkeit entfliehen konnte. "Z...Zarah, Mylord. Mein Name ist Zarah." Es war besser, erst einmal bei einem falschen Namen zu bleiben, denn wenn dieser Mann viel reiste, wäre es durchaus möglich, dass er von der Flucht einer Prinzessin namens Zerina, welche aus Skagos stammte, gehört hatte. Und dass er sie somit zurückbringen würde...Auch wusste sie nicht, ob er ein Lord war, aber es war besser, jemandem mit einem womöglich zu hohen Titel anzureden. Schliesslich wollte sie nicht seinen Zorn auf sich ziehen. "Oh, ich würde nie verlangen, dass Ihr mir Euren Namen nennt. Es gibt genügend Leute, die lieber anonym bleiben, was ich gut verstehen kann." Immerhin gehörte sie zu diesen Menschen. "Also dann...Dort hinten ist die Septe und auch der Hafen ist sehr hübsch, wenn viele Schiffe da sind, was zur Zeit häufiger der Fall ist, denn es scheint die eine oder andere Feierlichkeit zu geben." Damit setzte sie sich in Bewegung, merkte dass sie sich ein wenig entspannte. Es war doch schön, sich wieder einmal in netter, kultivierter Gesellschaft zu befinden, nicht wahr? Es war viel zu lang her...

Oberyn schaute zu der Septe. Die Septe von Baelor. Sie übertrifft meine Vorstellungen, meinte er. Oberyn erkannte, das sie log. Man würde doch bei seinem eigenen Namen nicht stottern, außerdem konnte er ihren Gesichtsausdruck lesen wie ein Buch. Na schön. Wenn ihr mir nicht euren richtigen Namen sagen wollt, nenne ich euch als Vetrauensbeweis meinen. Ich bin Prinz Oberyn Nymeros Martell und wegen der Vermählung von König Joffrey Baratheon und Margaery Tyrell hier. Oberyn grinste in das erstarrte Gesicht der jungen Frau. Er liebte es, Menschen mit seiner Persönlichkeit zu überraschen, wenn sie es am wenigsten erwarten. Er glaubte nicht, dass diese Frau eine Gefahr darstellte. Sein Instinkt sagte es ihm. Und sein Instinkt hatte ihn noch nie getäuscht.

"Ja, sie ist...wunderschön." kommentierte sie zurückhaltend, um dann mitten auf dem Weg stehenzubleiben. Eine alte Frau lief in sie hinein und schimpfte vor sich hin, doch Zerina bekam es kaum mit. Langsam wandte sie sich zu ihrem Begleiter um und starrte diesen offen an. "A...aber..." Tausend Gedanken wirbelten in ihrem Kopf durcheinander. Er war ein Prinz, so wie sie eine Prinzessin war und doch durfte sie es ihm nicht verraten! Jetzt erst recht nicht mehr, denn er war sicherlich sehr pflichtbewusst und würde sie geradewegs zurück nach Skagos überführen lassen, wo sie ein wahrscheinlich nicht gerade rosiges Schicksal erwarten würde..."Ich bin es nicht wert, mich in Eurer Gesellschaft zu befinden, Hoheit..." brachte sie schliesslich steif hervor und nahm sich vor, ihn nicht mehr zu genau anzusehen. Zwar sagte ihr der Name seines Hauses nichts aber Zerina kannte die wenigsten Häuser Westeros'. Sie überlegte, wie er wohl behandelt werden wollte. Wie wollte SIE behandelt werden, damals, als sie noch im Hause ihres Vaters gelebt hatte...? Nun, sie hatte nie Wert auf Umgangsformen gelegt, war ihr ihr Rang doch zuwider. Doch das hiess nicht, dass es bei anderen auch so war. "Die Vermählung, ja, ich hörte flüchtig davon. Ein grosses Ereignis, nicht wahr?" Und ein jeder profitierte davon. Die Händler waren zufrieden, denn ihre Waren wurden gekauft, die Gasthäuser waren voll und die Huren erfreuten sich wahrscheinlich ebenfalls an den vielen Menschen aus der Fremde, die gekommen waren, um den Feierlichkeiten beizuwohnen. Ja, jeder verdiente. Nur Zerina nicht, denn sie war weder eine Händlerin, noch eine Hure, noch betrieb sie gar ein Gasthaus. Nichts von alledem. Und sie würde es verstehen wenn dieser Prinz sie nun nicht weiter begleiten wollte, denn in seinen Augen war sie doch nur ein Strassenmädchen. Es wunderte sie allerdings, dass er ohne Wachen unterwegs war, doch sie fragte ihn nicht danach.

Oberyn hörte "Zarah" stammeln und stottern, und war amüsiert darüber. Genau diese Reaktion hatte er erwartet. Langsam schlenderte er weiter und meinte: Pff, wenn ich es sage, seit ihr es sehr wohl wert. Und... mein Bruder ist eine Hoheit. Ich bin nur der zweite Sohn. Nennt mich Oberyn Er lächelte. Oberyn bemerkte, dass seine Neugierde ihn zu verrückten Dingen trieb, und er schüttelte innerlich über sich selbst den Kopf.
Ja, wahrlich ein großes Ereignis. Wir haben nun eine neue Königin. Das kann doch nur gut für das Reich sein. Was meint ihr? Selten hatte der dornische Prinz sich selbst so neugierig erlebt. Als er bemerkte, dass die Frau ihm nicht folgte, drehte er sich um und sah sie freundlich an.

Zerina lachte ihr helles klares Lachen. "Dann darf ich mich also nicht geehrt fühlen, hm? Leider kann ich nicht umhin, es dennoch zu tun, denn immerhin habt Ihr mich soeben auf Eure Ebene gebracht und dafür bin ich wirklich dankbar." erklärte sie. "Oberyn also, nun gut, das klingt auch gleich viel entspannter als diese ganzen Titel und Ränge. Ohne Euch zu nahe treten zu wollen." Sie machte sich in der Tat nichts daraus. Täte sie dies, hätte sie ihre Heimat wohl nicht verlassen. "Darf ich fragen, wo Ihr herkommt?" Er war...interessant. Und nett. Und gutaussehend, auch wenn er einige Jahre älter als sie zu sein schien. Zerina fühlte sich wohl in seiner Gegenwart und so beeilte sie sich dann auch, ihm zu folgen, um sich schliesslich bei ihm unterzuhaken. Sie dachte sich nichts dabei, aber so war es doch bereits angenehmer, sich durch die teils recht stark bevölkerten Strassen zu bewegen. Man konnte sich auf diese Weise nicht verlieren. "Ich...fürchte, ich werde nicht sonderlich oft nach politischen Dingen gefragt, aber wenn Ihr meine bescheidene Meinung dennoch hören möchtet: Ich hoffe, die neue Königin ist eine gute Frau. Weise. Milde. Volksnah. Der König soll ja..." Rasch biss sie sich auf die Lippe, ehe sie weiter plappern konnte. "Verzeiht, ich sollte nichts negatives äussern." Das könnte sie ihr Köpfchen kosten und das wollte sie gern noch eine Weile behalten. Sie liess Oberyns Arm los und streckte den ihren aus, um geradeaus zu deuten. "Gleich endet die Strasse und wir sind aus dem Getümmel heraus. Dann folgt ein kleiner schmaler Kiesweg, ein Trampelpfad...Nur wenige kennen diesen Weg, aber er endet genau am Meer. Dort wird es ein wenig kühler sein als hier. Vorausgesetzt, Ihr fürchtet nicht, ich könnte Euch überfallen." Sie lächelte leicht.

Oberyn lächelte immer noch. Gelassen antwortete er: Ich komme aus Dorne. Mein Bruder, Doran Martell, herrscht dort. Der Wohnsitz meiner Familie heißt Sonnspeer. Oberyn bemerkte überrascht, dass die junge Frau sich bei ihm eingehakt hatte. Nein, nein. Zugegebenermaßen ist der König... nunja... besonders. Ich glaube ich versteht, was ich meine. Oberyn beschlich ein seltsames Gefühl. Er war froh, wieder in etwas lockerer Gesellschaft zu sein. Das freut mich zu hören. Obwohl ich aus der Wüste komme, genieße ich trotzdem die Kühle. Ach, wisst ihr, da mache ich mir weniger Sorgen. Oberyn blinzelte ihr so schnell zu, dass man es kaum bemerkte. Oberyn fühlte sich sehr seltsam, ein fast unbekanntes Gefühl...

Aufmerksam hörte sie ihm zu und war beinahe versucht, ihm zu sagen, woher sie stammte...Doch dann würde er ihr sicherlich den Rücken zukehren. Die Menschen aus Skagos waren widerwärtige Barbaren, so dachte man doch gemeinhin. Dass Zerina anders und daher eine Aussenseiterin war, konnte er ja nicht wissen..."Dann darf ich davon ausgehen, dass sich Euer Bruder ebenfalls in Königsmund befindet, um den Feierlichkeiten beizuwohnen...?" Als Herrscher doch sicherlich. Dass Oberyn auf ihre Geste, sich bei ihm unterzuhaken, mit Überraschung reagierte, bemerkte sie nicht. Doch wenigstens entzog er sich ihr nicht, was doch schon einmal gut war.
Zerina nickte ernst. "Das, was ich über den König weiss, sind sicherlich nur Gerüchte. Das Gerede auf den Strassen eben, aber wenn dies auch nur ansatzweise wahr ist, dann...Nun ähm...Er soll schrecklich sein." Ihre Stimme hatte sie so weit gesenkt, dass nur Oberyn sie hören konnte. Zumindest hoffte sie dies. Aber so oder so, sie verspürte Erleichterung darüber dass er ihre Ansicht teilte. Dann lachte sie auf. "Verzeiht, aber wenn Ihr das hiesige Klima als 'kühl' bezeichnet, möchte ich nicht wissen, wie heiss es bei Euch ist." Für Zerina war es hier schon zu warm, auch wenn sie sich mittlerweile daran gewöhnt hatte. "Nun gut, dann folgt mir einfach." lächelte sie, um dann jedoch kurz zu stutzen. Hatte er ihr etwa zugezwinkert...? Nein, das bildete sie sich nur ein, nicht wahr? Ehe sie erröten konnte, wandte sie sich rasch ab und steuerte das Ende der Strasse an, wo sie ein paar Zweige beiseite hielt, damit Oberyn hindurchgehen und den Pfad betreten konnte. Dass sie gleich vollkommen allein sein würden und er ihr, theoretisch, alles mögliche antun könnte, daran dachte sie nicht. Vielleicht war das naiv, aber Zerina weigerte sich einfach, anzunehmen, er sei ein schlechter Mensch.

Ohne zu antworten hörte Oberyn ihr zu. Er wollte einer halbwegs Fremden nicht seine innersten Gedanken mitteilen. Langsam ging er mit ihr die Straße entlang. Eine kühle Brise wehte ihm ins Gesicht, und er genoss sie. Langsam ließen sie den Lärm der Stadt hinter sich. Oberyn fing an, die Frau zu mustern. Sie sah nicht aus wie eine typische Kronländerin, noch war sie aus dem Grünen Tal, noch aus den Flusslanden, noch aus dem Norden, noch aus den Westlanden, noch aus der Weite und schon gar nicht aus Dorne. Einzig aus den Sturmlanden könnte sie stammen. Sie sah aus wie eine Baratheon... Woher kommt ihr?, platzte es Oberyn heraus. Ich meine... ihr müsst mir nicht euren Namen nennen, nur eure Herkunft würde ich gerne erfahren. Der Dornische zeigte sein freundlichstes Lächeln.

Während sie die stickigen Strassen verliessen und über den kleinen Pfad liefen, umgeben von Büschen und Sträuchern, plapperte Zerina munter vor sich hin, in der Hoffnung, ihre Begleitung nicht zuuu sehr zu langweilen. "Die Stadt ist SO gross, kann ich Euch sagen, selbst ich war noch nicht überall. Wenn man einmal ganz davon absieht, dass ich gar nicht überall sein möchte, denn es gibt hier auch Bereiche, die man besser nicht bei Nacht betreten sollte. Wobei, am Tage vielleicht auch nicht..." Ein wenig unsicher sah sie ihn von der Seite her an. Es war schon ungewöhnlich dass sich ein hochgeborener allein herumtrieb. Aber er schien anders zu sein...Das musste er wohl, sonst wäre er jetzt nicht hier. Mit ihr.
Auf seine unvermittelte Frage hin, erstarrte sie jedoch und ihr munteres Geplapper verstummte. Hart schluckte sie, während sie stehenblieb. "Aus..." Schon lag ihr eine Lüge auf der Zunge, doch als sie sein freundliches Lächeln sah, brachte sie es nicht über sich, ihn zu belügen. "Aus Skagos, ich...stamme von dort." meinte sie schliesslich leise und beschämt und machte Anstalten, sich abzuwenden. "Ich kann verstehen, wenn Ihr nun lieber zurück möchtet..." Sie wagte nicht mehr, ihm ins Gesicht zu sehen.

Skagos? Jetzt konnte Oberyn nicht mehr anders. Er begann, laut zu lachen. Seit ihr euch da sicher? Wenn ich schon lügen wollt, Zahra, solltet ihr das auch richtig tun.
Als Oberyn jedoch das erschrockene Gesicht der Frau sah, wusste er, dass sie es ernst meinte. Wie konnte er sich nur so taktlos benehmen. Verzeiht mir, ich wollte euch nicht beleidigen. Ihr stammt also von Skagos?Mir macht es nichts aus, nur... ihr seht nicht aus, als würdet ihr von dort stammen, und... benehmt euch auch nicht so, wenn ihr versteht, was ich meine. Oberyns Lächeln wandte sich von freundlich zu schuldbewusst, und er ging einen Schritt schneller.

"J...a." bestätigte sie und zog ihren Kopf zwischen die Schultern als er lauthals zu lachen begann. Es schmerzte, ausgelacht zu werden, aber noch mehr schmerzte es, dass er ihr nicht glaubte. Jetzt, wo sie doch einmal die Wahrheit gesprochen hatte. "Aber ich..." wollte sie leise ansetzen als er sich bei ihr entschuldigte. "Ihr habt mich nicht beleidigt. Nur verletzt. "Und ich weiss, dass ich...zerrupft aussehe und..." Wie unangenehm! Nun, wirklich 'zerrupft' war sie zwar nicht, aber auch längst nicht so hergerichtet, wie früher, als sie noch Zuhaus gelebt hatte...
Aber...es machte ihm nichts aus?! Das konnte sie kaum glauben, daher schlich sich leichtes Misstrauen in ihre Augen. "Ich verstehe." Oh ja, das tat sie nur zu gut! Wenigstens in ihren Augen. Selbst dieser fremde aber interessante Mann, sah sie als Aussenseiterin ihres eigenen Volkes. Als er weiterging, blieb sie einfach dort stehen, wo sie war: Mitten auf dem schmalen Pfad. "Ich denke, Ihr findet den Weg nun allein." meinte sie steif. "Ihr müsst ihm einfach nur folgen." Ihre Gesellschaft war ja nun sicherlich nicht mehr erwünscht, auch wenn er höflich war.

Oberyn zuckte innerlich zusammen, als er sah, wie getroffen sie war. Er hatte definitiv zu lange unter Söldnern gelebt. Der Dornische seufzte, als die Frau aus Skagos plötzlich stehen blieb. Er hob den Blick und zeigte ein möglichst freundliches Lächeln. Wisst ihr, am Meer ist es aber sonst so einsam. Und ihr seht nicht zerrupft aus. Ihr seid sehr schön, nur ihr seht äußerlich nicht wie jemand aus dem Norden aus, wisst ihr. Wollt ihr mich nicht begleiten? Ihr seid besser als diese hochmütigen Lords und Ladys, von denen es im roten Bergfried nur so wimmelt. Mit diesen Worten drehte Oberyn sich um und bot ihr erneut seinen Arm an.

Sie ging davon aus, dass er einfach weitergehen würde, doch das tat er erstaunlicherweise nicht. Stattdessen wirkte er mit einem Mal ebenso geknickt, wie sie selbst und als sie seine Worte vernahm, hob auch sie ihren Blick. Zerina wollte ihren Ohren nicht trauen und errötete wieder einmal. Er wünschte ihre Gesellschaft, obwohl er davon ausging dass sie ein Strassenmädchen war...? Und spätestens jetzt war sie froh, ihm ihre wahre Identität nicht verraten zu haben, denn dann wäre sie davon ausgegangen dass er aus purer Höflichkeit handelte. In ihrer Heimat hatten viele ihre Nähe gesucht. Aber nicht deshalb, weil sie als Person geschätzt wurde, sondern weil sie war, was sie war: Hochgeboren. Eine Prinzessin. Von edlem Blut.
Die Röte wich aus ihrem Gesicht und machte einem teils überraschten, teils freudigen Lächeln Platz. "Eure Worte ehren mich sehr und bringen mich zugleich in grosse Verlegenheit." sprach sie, während sie sich erneut bei ihm unterhakte. "Aber ich bin gewiss nicht besser als andere Menschen." liess sie ihn dann mit einem feinen Schmunzeln wissen. Für sie waren alle Menschen gleich und sollten auf die selbe Stufe gestellt werden. "Es ist nicht mehr weit." Sie setzte sich wieder in Bewegung, wobei sie ihn verstohlen von der Seite her betrachtete. Er fand sie schön. Er?! Puuh...Sie versuchte krampfhaft, sämtliche Gedanken aus ihrem Kopf zu verbannen, was ihr halbwegs gelang. Als sie den Pfad endlich verliessen, hatte sie sich wieder in der Gewalt, liess Oberyns Arm los und ging nahe ans Ufer. Hier wehte tatsächlich eine kühle Brise und es war ungewohnt ruhig. Zerina mochte diesen Ort sehr. "Nun kennt Ihr einen meiner liebsten Plätze. Hier kommt selten jemand her, es ist also der ideale Rückzugsort. Vielleicht auch für Euch, wenn Euch die feinen Lords wieder einmal zu viel werden." Leicht grinsend strich sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

Oberyn ging gemächlich weiter des Weges. Er sprach währenddessen nicht, sondern hörte nur zu. Reden konnte sie gut, die Frau von Skagos, oh ja. Sehr gut sogar. Es war leicht, ihr zuzuhören. Am Ufer angekommen war es sogar noch kühler. Die Kälte war für ihn sehr ungewohnt, doch er ließ sich nichts anmerken. Nach einer Zeit des betretenen Schweigens fragte er: Ich muss zugeben, ich war noch nie auf Skagos. Wie ist das Wetter dort so? Wie sieht es aus? Wie der Norden, oder anders? Der Dornische vermochte seine Neugierde kaum zu kontrollieren, so interessant und vor allem mysteriös fand er diese Frau. Wie in einem Traum...

Sie spürte, dass er ihr auf aufrichtige Weise zuhörte und nicht, weil es die Höflichkeit erforderte. Also erzählte Zerina umso lieber und spürte, wie die vorherige Anspannung nach und nach von ihr abfiel.
Eine Zeit lang hatte sie am Ufer gestanden, die kühle Brise genossen, den Wind, der mit ihrem Haar spielte, und hinaus aufs Meer geblickt. Dann wandte sie sich wieder zu ihrem Begleiter um. "Viele Fragen." kommentierte sie lächelnd und vor ihm stehenbleibend. "Niemand aus Westeros geht freiwillig nach Skagos. Wir sind wilde Barbaren, die sich gegenseitig fressen. Das ist es doch, was man sich erzählt, nicht?" Sie wusste dies, oh ja. "Es stimmt, also...wenigstens trifft es auf die meisten der Einwohner zu. Sie sind rücksichtslos, hemmungslos, nehmen auf nichts und niemanden Rücksicht..." Und sie hoffte sehr, dass ihr Vater nicht seine Männer aufs Festland geschickt hatte, nach ihr zu suchen...Doch er hatte es, das wusste sie. Sie war immerhin sein ein und alles. Sein einziges Kind. "Das Klima ist kalt und rau, wie die Bewohner der Insel." Ihr Lächeln wurde eine Spur schiefer. "Ich bin fortgegangen, weil ich anders bin. Weil ich Angst vor meiner Zukunft hatte." Die hatte sie noch immer. "Sicher haltet Ihr mich jetzt für einen Feigling, der einfach fortgelaufen ist, statt sich seinem Schicksal zu ergeben." Kurz senkte sie den Blick, dann sah sie wieder auf und in seine Augen. "Erzählt mir von Euch, wenn es Euch beliebt. Ich treffe schliesslich nicht alle Tage hochgeborene Menschen." Sie trat zu einem breiten Felsen, auf welchen sie sich setzte und neben sich klopfte. Es musste doch nicht sein dass Oberyn die ganze Zeit über stand.

Ja, genau das hatte Oberyn gehört. Zugegebenermaßen haben die Menschen von Skagos auch viel Wildlingsblut in sich, aber das verschwieg er, um sie nicht noch einmal zu kränken. Ja, das habe ich gehört. Doch man sagt auch, dass Tywin Lannister Gold scheißt und wenn ein Tyrell furzt, es nach Rosen riecht, das ist auch nicht wahr. Doch alle Erzählungen haben einen wahren Kern. Die Lannisters von Casterlysein sind reich, und die Tyrells von Rosengarten sehr reinlich und gepflegt. Oberyn lächelte sein typisches Lächeln. Nein, ich halte euch nicht für einen Feigling. Ich habe das doch auch getan. Ich bin nach Essos geflohen, wenn auch mehr aus eigenem Antrieb. Ich war immer nur der zweite Sohn, ein Nichtsnutz. In Essos habe ich zu kämpfen gelernt und seht mich an. Oberyn grinste in ihre Richtung.

Sehr gerne. Nun, mein Vater war Lewyn Nymeros Martell, der ehemalige Fürst von Dorne. Wie ich schon gesagt habe, war ich nur der zweite Sohn. In meinen jungen Jahren duellierte ich mich mit Lord Edgar Isenwald, und siegte. Er erlag seinen Verwundungen, ich überlebte. Seit dem kursieren gewisse...Gerüchte, ich hätte meine Klinge vergiftet. Oberyn zwinkerte ihr verschwörerisch zu. Die... Einzelheiten des Duells und deren Gründe hatte er ihr vorenthalten. Warum, wusste er nicht. Nach einer kurzen Pause erzählte er weiter: Als Strafe wurde ich von meinem Vater nach Altsass gesandt, wo ich studierte. Nach einigen Jahren kam ich zurück, doch mein Vater war tot. Er hatte alle seiner Kinder am Totenbett zusammengerufen und ihnen etwas vermachtet. Mich hat er noch nicht einmal erwähnt. Mein Vater ist gestorben, und ich war ihm egal. Oberyns Hände ballten sich in altem Zorn zur Faust.
Also ging ich nach Essos. Zuerst nach Lys, dann nach Tyrosh. Ich war in Braavos und Pentos. Ich reiste nach Meereen, Yunkai und Astapor. In Astapor schloss ich mich den Zweitgeborenen an, und lernte zu kämpfen. Ich kämpfte im großen Grassee der Dothraki, in den Dschungeln von Yi Ti und in den Schattenländern von Asshai. Eines Tages erinnerte ich mich daran, dass ich ein Martell von Sonnspeer war, ein Prinz von Dorne. Also segelte ich zurück. Ich fand einen aufgelösten Bruder in Sonnspeer. Die Targaryens waren gestürzt worden. Meine Schwester Elia war mit Prinz Rhaegar verheiratet gewesen. Ihr wisst sicher von der Plünderung von Königsmund. Der Berg tötete Elias Kinder, vergewaltigte sie, während das Blut ihres Sohnes noch an ihren Händen klebte. Dann schlug er sie mit seinen Langschwert entzwei. Oberyns Hände waren noch immer zur Faust geballt, und sie zitterten vor Zorn. Ich begab mich sofort auf die Suche nach dem Berg. Ich jagte ihn durch alle sieben Königslande, und meine Jagd dauert noch an.
Oberyn bemerkte, dass er ihr, einer völlig Fremden, fast seine komplette Lebensgeschichte erzählt hatte. War das eine gute Idee gewesen? Wahrscheinlich nicht...

Tywin Lannister tat...was?! Zerina errötete, bei dieser für sie ungewohnt rüden Wortwahl. Sie kannte die erwähnten Leute nicht, bis auf den Namen 'Lannister', doch waren es ganz offenbar höher gestellte. Ein Grinsen bildete sich auf ihren Lippen, welches sie noch zu verbergen suchte, doch vergebens. Ehe sie sich versah, brach ein Prusten aus ihr hervor, dem ein lautes Lachen folgte. "Das ist...herrlich." bemerkte sie, nachdem sie sich wieder halbwegs in der Gewalt hatte. Dann räusperte sie sich, während sie Atem holte und sich darauf besann dass ihr Benehmen alles andere als damenhaft war. "Verzeiht mir, ich habe nur noch niemanden derart sprechen hören." Wenn man einmal von den finsteren Gestalten absah, welche des Nachts durch die Strassen schlichen...Oder auch stampften, je nach konsumiertem Alkoholgehalt.
Dann wurde sie jedoch wieder ernst und hörte ihm zu, sah in seine Richtung als er erzählte, er sei ebenfalls fortgegangen. Hatte seine Heimat verlassen...Als er sie ansah, begegnete sie seinem Grinsen mit einem sanften Lächeln. "Ich sehe...einen stattlichen Mann. Und ich sehe einen gütigen Mann, der sich nicht zu fein dafür ist, sich mit dem gemeinen Volk abzugeben."
Zerina schwieg wieder, damit er weitersprechen konnte und was sie hörte, brachte sie zum Staunen. Zwar hatte sie bereits gefühlt dass etwas von ihm ausging. Etwas...faszinierendes. Aber dass er ein Gelehrter war, welcher dazu auch noch zu kämpfen vermochte, hätte sie nicht gedacht. Sie erkannte, dass er seinen Fortgang aus seiner Heimat dazu genutzt hatte, etwas aus sich zu machen. Und wo war sie, Zerina, gelandet? In der Gosse. Doch darüber wollte sie nun nicht nachsinnen, sondern konzentrierte sich weiterhin auf Oberyn. Sie bekam viele ihr fremde Orte und Namen zu hören, aber sie verstand den Kern der Geschichte: Er war ein Aussenseiter, wie sie. Mit dem Unterschied, dass man ihn achtete. Sie nicht. Doch wollte sie das überhaupt? Achtung? Zerina wusste es nicht. Im Augenblick wusste sie gar nichts, ausser dass die Empfindungen in ihrem Inneren durcheinanderwirbelten. Neben ihr schien Oberyn mit sich zu ringen. Mit seinen eigenen Gefühlen und es tat ihr leid, was ihm widerfahren war. Dass ihn sein eigener Vater offenbar nie geliebt hatte. Langsam wandte sie sich Oberyn zu und legte vorsichtig ihre Hand auf die seine, leicht kühle zitternde, damit rechnend dass er sie fortschlug. "Ihr könnt stolz auf Euch sein, vollkommen gleich, was andere auch sagen mögen! Ihr habt vieles im Leben verloren, aber auch ebenso vieles gewonnen. Nicht jeder ist ein gebildeter Kämpfer, wisst Ihr?" Ein warmes Lächeln huschte über ihre Lippen, dann strich sie leicht über seinen Handrücken. "Ich meine, seht mich an." wiederholte sie seine Worte, nur dass sie es wohl anders meinte. Aber sie wollte ihn aufmuntern! Es schmerzte, ihn so...verbittert zu sehen. "Rache ist etwas furchtbares. Versteht mich bitte nicht falsch. Ich kann Eure Denkweise nachvollziehen, wenigstens ansatzweise, aber ich weiss, dass Rache ein schlechter Wegbegleiter ist. Sie nimmt einen vollkommen ein, bis man von ihr besessen ist und den Blick für das Schöne und Gute im Leben verliert. Und eines Tages wird sie uns vernichten." Ihr Blick trübte sich und leise Trauer stand in ihren Augen. "Bitte, bleibt der gütige Mensch, welcher Ihr jetzt noch seid. Verliert Euch nicht aus den Augen, weil Euch der Hass zerfrisst und lasst die Rache nicht Euer Leben bestimmen. Ich weiss, das ist leicht gesagt aber..." Aber was? Nein, ihre weiteren Gedanken behielt sie besser für sich. Sie nahm stattdessen ihre Hand fort und erhob sich. "Ihr friert, weshalb sagt Ihr es denn nicht?" Leicht tadelnd, aber schmunzelnd, schüttelte sie ihr Köpfchen. Unglaublich dass jemand bei solchen Temperaturen frieren konnte. "Vielleicht sollten wir zurückgehen, ich möchte schliesslich nicht Schuld daran sein wenn Ihr Euch erkältet." Auch wenn sie, wenn es nach ihr ginge, den ganzen Tag hier mit ihm verbringen könnte.

Sie verstand ihn nicht. Wie konnte sie auch? Oberyn antwortete schlicht: Aber was soll ich tun? Alles vergessen? Ich werde nicht vergessen, ich werde nicht vergeben. Ich werde den Berg töten, ehe noch mehr unter ihm zu leiden haben. Oberyn stand auf. Nun, tatsächlich ist das Klima hier deutlich kühler als bei uns in Dorne. Möchtet ihr mich in den roten Bergfried begleiten? Ich könnte euch die Keller zeigen. Oder anderes. Die ganze Wut schien von ihm abgeflogen zu sein, und er lächelte sie nur an.

Zerina schüttelte ihren Kopf. "Nein, nicht vergessen oder gar vergeben. Ihr müsst darauf vertrauen dass Ihr eure Rache bekommt. So oder so." Was nutzte es, dem hinterher zu laufen, wenn man dabei alles andere aus den Augen verlor? Sie wusste nicht, wer dieser 'Berg' sein sollte, aber nach allem, was sie nun hier über ihn gehört hatte, wollte sie das auch nicht wissen.
Oberyn erhob sich und sie tat es ihm gleich, um leicht amüsiert zu schmunzeln. "Die Keller?" fragte sie nach. "Wollt Ihr mich dort einsperren?" Sie kicherte leise, wurde dann jedoch wieder ernster. "Euer Angebot ehrt mich, aber ich ähm, fürchte, man würde mich nicht in den Bergfried hineinlassen." Zudem wäre es gefährlich, denn dort tummelten sich hohe Herren und Damen, welche womöglich Verdacht schöpfen könnten.

Oberyn lachte. Nein. In den Kellern sollen die Drachenschädel untergebracht worden sein. Auch die Schädel des Balerion, des Vhagar und des Meraxes sind dort. Oberyn schüttelte leicht den Kopf über die Naivität dieser Zarah. Oh nein, glaubt mir, wenn ich sage, dass ihr eingelassen werdet, dann werdet ihr eingelassen. Oberyn bot ihr den Arm an und fragte lächelnd Wollen wir? Der Dornische wusste nicht, warum er das alles tat. Er fühlte sich so leicht wie noch nie, seitdem er in Königsmund war.

"Drachenschädel." wiederholte sie skeptisch und mit einer gehobenen Augenbraue. "Und Ihr glaubt, dass das wahr ist?" Das war doch sicher nur eine Legende, mit welcher sich die feinen Bergfriedbewohner rühmen wollten. Zerina grinste. "Also gut, schön, ich unterbreite Euch einen Vorschlag, um das Ganze ein wenig spannender zu gestalten: Wir schliessen eine Wette ab. Ihr geht davon aus, in diesen Kellern tatsächlich Drachenschädel vorzufinden und ich...Nun, ich wette dagegen. Wenn ich verliere, könnt Ihr von mir haben, was Ihr möchtet. Vollkommen egal, was es ist." Sie überlegte einen kurzen Moment lang, um dann hinzuzufügen. "Nun gut, ausser meinem Pferd, das würde ich dann doch gern behalten. Ich hänge sehr an dem Tier." Aber was würde sie ihm schon geben können? Sie besass doch nichts mehr. Aber es ging hierbei ja auch eher um das Vergnügen, wie Zerina fand. Sie hatte zum ersten Mal seit langer langer Zeit wieder so etwas wie Spass, denn sie spürte, dass Oberyn niemand war, der ihr etwas allzu rasch übel nahm. "Und ich bin sehr gespannt, wie Ihr die Wachen davon überzeugen werdet, dass ich diese Burg oder was auch immer es darstellen soll, betrete." Leicht grinsend nahm sie den ihr dargebotenen Arm. "Wir wollen!" Damit er hier nicht weiter frieren musste. Der ärmste. Und Zerina? Nun, sie verspürte noch immer keine grosse Lust darauf, ihn in den Bergfried zu begleiten, aber wahrscheinlich wäre sie mit ihm überall hingegangen, obwohl sie ihn kaum kannte. Und doch bereicherte er diesen einen Tag sehr. So sehr, dass sie bereits jetzt wusste dass sie hinterher umso einsamer sein würde, wenn sie wieder allein in ihrem Häuschen war.